OnlyFans hat es zahlreichen Content-Creatorn ermöglicht, ihr eigener Chef zu werden. Hier können (vorrangig erotische) Inhalte selbstständig veröffentlicht und monetarisiert werden. Nicht immer läuft alles ohne Zwang ab, wie eine Doku des Y-Kollektivs am Beispiel von drei Frauen zeigt.
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Recherche deckt Ausbeutung auf OnlyFans auf
Für viele Influencer, Erotikmodels und Pornodarstellerinnen ist die Plattform OnlyFans zu einer Möglichkeit geworden, online Geld mit Erotik zu verdienen, ohne dabei von großen Produktionsfirmen oder Agenturen abhängig zu sein.
Doch obwohl die Fan-Plattform für die einen so befreiend ist, geraten auch hier manche, vor allem junge, Frauen in ausbeuterische Verhältnisse. Eine Recherche des Y-Kollektiv beleuchtet die Fälle von drei Frauen, die von ihren Partnern genötigt wurden, auf der Fan-Plattform aktiv zu werden. Verdient haben sie dabei wenig bis gar nichts.
Vom Freund zur Sexarbeit bei OnlyFans gedrängt
Eine der Frauen ist Anna. Mit 18 Jahren verliebte sie sich in einen Mann, der später ihr Freund werden sollte. Am Anfang sah alles gut aus: Er verwöhnte sie, führte sie aus. Doch dann nahm das Schicksal seinen Lauf. „Ich hatte ein Bikinifoto auf Instagram hochgeladen, davon war er nicht ganz so begeistert“, berichtet Anna.
Als sie vorschlug, die Bilder stattdessen auf OnlyFans hochzuladen, ohne ihr Gesicht zu zeigen, war er jedoch Feuer und Flamme. Schon bald forderte er sie auf, mehr auf der Plattform von sich zu zeigen. Sie sollte sich dabei ausgeben als „das junge Mädchen, was sich zu Hause auf dem Klo fingert und Angst hat, von den Eltern erwischt zu werden“, schrieb er ihr.
Die Forderungen wurden immer energischer und nach einem teuren Coaching-Seminar ernannte er sich selbst zu ihrem Manager. Die Einnahmen gingen komplett an ihn. Erst, wenn die Kosten des Seminars wieder abgearbeitet sein würden, sollten die beiden jeweils die Hälfte der Einnahmen erhalten.
Männer nutzen emotionale Abhängigkeit aus
Bei der 20-jährigen Eva ging der Freund noch gezielter vor. Er isolierte sie von ihrem Freundeskreis, verbot ihr den Kontakt mit anderen Männern und übte einen großen Einfluss in ihrem Privatleben aus. Dann kam OnlyFans.
Ihr Freund wusste, dass sie finanzielle und persönliche Probleme hatte und nutzte die Gelegenheit. Mit OnlyFans würde es ihr besser gehen, versprach er ihr. Von der anfänglichen Romantik war wenig übrig, stattdessen gab es nun stets Forderungen nach neuem und immer freizügigerem Content.
Männer-Netzwerk ChampLife könnte verantwortlich sein
Besonders brisant ist eine Gemeinsamkeit der Fälle: Das Netzwerk ChampLife steht im Verdacht, Männer in Coachings zu trainieren, die Kontrolle über die Frauen zu ergreifen. In einer Whatsapp-Gruppe sollen sich die Mitglieder sogar gehässig über ihre Erfolge austauschen.
Auch der Freund von Rosa, einer weiteren Betroffenen, soll Teil von ChampLife gewesen sein und sie zur Arbeit auf OnlyFans gedrängt haben. Von den angeblichen 1.000 Euro an Einkünften pro Tag hat sie niemals etwas gesehen.
Insgesamt schätzt sie die OnlyFans-Einkünfte ihres Ex-Freundes auf 50.000 Euro. Dass die Männer von alleine mit der Masche aufhören, sieht sie nicht: „Sobald man da einmal tief drin ist, das ist fast schon unmöglich, da wieder rauszukommen.“ Die Männer seien blind für die Folgen der Betroffenen und hätten nur das Geld vor Augen.
Ausstieg für Betroffene schwierig, aber nicht unmöglich
Letztlich handelt es sich bei der Masche zwar nicht um Zuhälterei, doch Experten sehen die Möglichkeit des Strafbestands der Nötigung. Problematisch für die Betroffenen ist allerdings: Die Coaches wissen, wie ein Vertrag aussehen muss, damit er auf die Frauen einschüchternd wirkt.
Rechtsexperten weisen jedoch darauf hin, dass Verträge nicht immer rechtlich bindend sind und auch die Schweigepflicht nicht immer gilt. Knebelverträge und arglistige Täuschung können im Nachhinein angefochten werden.
Ein Anwalt kann hier helfen, doch ob sich viele Frauen darauf einlassen? Schließlich herrscht auch die Angst vor Stigmatisierung. Die gesamte Doku über die betroffenen Frauen und das Netzwerk um ChampLife ist in der ARD-Mediathek verfügbar.